Beim Lesen von Verträgen besteht immer die Gefahr, wichtige Details zu übersehen – oft sind sie in komplizierter Sprache versteckt, die für Nicht-Juristen schwer verständlich ist. Werden diese Details nicht erkannt, kann das ernste Folgen für Unternehmen haben. Deshalb ist eine sorgfältige Vertragsauswertung unerlässlich. Zwar liegt die Prüfung meist bei der Rechtsabteilung, doch auch andere Abteilungen sollten in den Prozess eingebunden sein.
Dieser Artikel zeigt die fünf wichtigsten Schritte der Vertragsevaluierung – auch für Mitarbeitende ohne juristischen Hintergrund verständlich:
- Einfaches Korrekturlesen auf offensichtliche Fehler
- Prüfung auf Verhältnismäßigkeit
- Feststellung der Zweckmäßigkeit
- Festhalten wesentlicher Informationen
- Nachträgliche Änderungen erkennen und berücksichtigen
Was ist die Evaluierung von Verträgen?

Bei der Vertragsprüfung werden die Verträge daraufhin überprüft, ob sie gültig, klar und für die Bedürfnisse des Unternehmens geeignet sind. Ziel ist es, sicherzustellen, dass der Vertrag korrekt, fair und fehlerfrei ist. Dies beinhaltet in der Regel eine gründliche Überprüfung, manchmal sogar mehrmals, und wird bei Bedarf von Experten unterstützt.
Dieser Prozess ist für Unternehmen unerlässlich, da er sicherstellt, dass die Verträge mit den Unternehmenszielen übereinstimmen, und hilft, potenzielle Risiken oder Probleme zu erkennen, bevor das Geschäft abgeschlossen wird.
Wie evaluiert man einen Vertrag?
Um eine gründliche Vertragsprüfung durchzuführen, sollten Sie die oben genannten Schritte befolgen. Die Reihenfolge dieser Schritte spielt keine Rolle. Alle festgestellten Probleme oder Bedenken sollten umgehend im Dokument vermerkt oder einer verantwortlichen Person zur weiteren Prüfung zugewiesen werden.
Darüber hinaus sollten die wichtigsten Parameter des Vertrags in einem separaten Dokument festgehalten oder auf der ersten Seite des Vertrags selbst klar umrissen werden. Bei Verträgen in Spezialbereichen ist es ratsam, Experten aus den betreffenden Abteilungen oder externe Berater hinzuzuziehen, da diese Dokumente oft Spezialwissen erfordern.
5 wichtige Kriterien, die Sie bei der Vertragsevaluierung beachten sollten

1. Einfaches Korrekturlesen auf offensichtliche Fehler
Ein Vertrag ist oft ein gewachsenes Dokument, das im Laufe der Zeit durch viele Hände gegangen ist. Häufig wird er in Stresssituationen durch Copy-Paste-Aktionen unterschiedlicher Personen und Parteien ergänzt. Dabei bleiben eingefügte Textstellen oft bestehen – auch wenn sie später nicht mehr relevant sind – und führen zu einem intransparenten Mix aus komplizierten Formulierungen und Einschüben, die kaum noch jemand versteht.
Zusätzlich erschweren veraltete Vertragsvorlagen und mangelnde Prüfprozesse vor dem Versand an den Kunden die Qualität. Fehler schleichen sich ein, vor allem wenn der Vertrag von mehreren Personen bearbeitet wird und Zuständigkeiten unklar sind.
Oft ist es unter diesen Bedingungen schwierig, Ungenauigkeiten zu erkennen und zu beheben. Besonders heikel: Verträge enthalten häufig Verweise auf andere Vereinbarungen – und diese widersprechen sich inhaltlich nicht selten.
Neben inhaltlichen Punkten sollte auch die sprachliche Qualität nicht außer Acht gelassen werden. Kunden ziehen Rückschlüsse aus der Aufbereitung des Vertragsdokuments auf die Professionalität des Unternehmens und die Qualität des Produkts oder der Dienstleistung.
Typische Fehler, die bei genauerer Prüfung auffallen:
- Zweideutige oder unklare Formulierungen
- Fehlerhafte Preis- oder Mengenangaben
- Widersprüche innerhalb des Vertrags
- Doppelte Textstellen mit unterschiedlichen Formulierungen
- Falsche Angaben zu Produkten oder Dienstleistungen
- Grammatikfehler und Rechtschreibfehler
- Übermäßige Großschreibung von Begriffen
- Inkonsistente Begriffsnutzung und widersprüchliche Definitionen
- Auslassungen wichtiger Wörter
- Falsche Zeichensetzung
- Schlechte Lesbarkeit durch lange, verschachtelte Sätze
- Verwendung undefinierter Begriffe
- Verweise auf nicht existierende oder falsche Paragraphen
2. Prüfung auf Verhältnismäßigkeit
Greift man die Vorstellung des Vertrags als "gewachsenes Konstrukt" erneut auf, ist es nicht ungewöhnlich, dass unangemessene oder veraltete Klauseln enthalten sind. Besonders bei technischen oder leistungsbezogenen Inhalten ist daher die Einbindung der zuständigen Fachabteilung essenziell.
Folgende Aspekte sollten geprüft werden:
- Sind vereinbarte Leistungen überhaupt realistisch umsetzbar?
- Entsprechen sie etablierten Normen?
- Gibt es unrealistische Zeitvorgaben?
- Fehlen entscheidende Details oder Beschreibungen?
- Sind Passagen zu ungenau, obwohl Klarheit erforderlich wäre?
- Gibt es überzogene oder einseitige Regelungen?
3. Feststellung der Zweckmäßigkeit
Der wohl wichtigste – und komplexeste – Teil der Vertragsprüfung ist die Feststellung der Zweckmäßigkeit. Hierbei geht es darum, zu überprüfen, ob der Vertrag tatsächlich das beabsichtigte Geschäft, Produkt oder die Dienstleistung sinnvoll und vollständig abbildet.
Holen Sie sich dafür die ursprünglichen Anforderungen und Erfolgskriterien der Fachabteilung oder des Einkaufs ein – idealerweise in schriftlicher Form.
Fragen zur Einschätzung der Zweckmäßigkeit:
- Auf welchen Annahmen basiert der Vertrag, und wurden diese klar dokumentiert?
- Entsprechen die Spezifikationen den Anforderungen der Fachabteilung – und sind sie ausreichend detailliert?
- Spiegelt der Vertrag das angestrebte Geschäft ganzheitlich wider?
- Sind die Preisparameter und -mechanismen klar beschrieben?
- Sind alle Leistungen, Termine und Fristen eindeutig geregelt?
- Weichen Bedingungen von internen Standards ab, und sind diese Abweichungen tragbar?
- Wurden Risiken identifiziert, dokumentiert und verantwortlichen Personen zugewiesen?
- Sind ausreichende Ressourcen für die Vertragserfüllung eingeplant?
- Wurden mögliche Preisanpassungen berücksichtigt – und wie sind diese geregelt?
4. Festhalten wesentlicher Informationen
Verträge enthalten zahlreiche Informationen, die für unterschiedliche Abteilungen innerhalb eines Unternehmens relevant sind. Die Personalabteilung benötigt z. B. die Namen der Projektmitarbeiter, die Buchhaltung die vereinbarten Zahlungsmodalitäten.
Da auf diese Schlüsseldaten während des gesamten Vertragszyklus immer wieder zugegriffen wird, lohnt es sich, diese zentral zu dokumentieren – z. B. in einer Tabelle oder einem separaten Dokument. So erspart man jeder Abteilung die aufwändige Durchsicht des gesamten Vertrags.
Empfohlene Informationen zur Extraktion:
- Vertragsparteien und deren vollständige Kontaktdaten
- Regelungen zu Vertraulichkeit und Offenlegung
- Zeitpläne und Fristen
- Abweichungen von internen Standards
- Regelung zur Nutzung und Eigentum geistigen Eigentums
- Kontaktdaten der zuständigen Ansprechpartner je Partei
- Aufgabenverteilung inkl. verantwortlicher Abteilungen
- Vereinbarte Unterlassungen oder Einschränkungen
- Offene Punkte, die nach Vertragsabschluss geklärt werden müssen
- Vereinbarte Risiken und Maßnahmen zu deren Steuerung
- Service-Level-Vereinbarungen inkl. Ansprechpartner
- Verfahren zur Vertragsverlängerung oder -beendigung
- Ergebnisse von Szenarioanalysen und deren Auswirkungen auf Vertragsparameter
5. Dokumentation nachträglicher Änderungen
Sollten Sie nach der Analyse auf Schwachstellen oder Risiken stoßen, empfiehlt es sich, mit den relevanten internen Abteilungen (z. B. Rechtsabteilung, Vertrieb) Rücksprache zu halten und – falls nötig – Nachverhandlungen zu führen.
Oft lassen sich Änderungen in einem offenen Gespräch klären. Wichtig ist, dass sämtliche Änderungen schriftlich festgehalten und von allen Vertragsparteien gegengezeichnet werden. So sind alle Beteiligten auch in Zukunft über die vereinbarten Anpassungen im Bilde.
Auch der Weg zur Änderung sollte dokumentiert werden – inklusive der Absicht und der erwarteten Wirkung der Anpassung. Im Streitfall lässt sich so nachvollziehen, was ursprünglich vereinbart war und warum es geändert wurde.
Nach erfolgreicher Änderung sollten alle Vertragsunterlagen und begleitenden Dokumente aktualisiert werden, um mit dem aktuellen Stand der Dinge übereinzustimmen.